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Sogar der Schlick der Kammerweiher bei Michelfeld trocknet

23.08.2018


Der Wasserspiegel ist vor allem im Unteren Kammerweiher bei Michelfeld massiv gesunken. Auf der Hälfte der Fläche ist nur noch Schlick zu sehen, der zusehends austrocknet. © Richard Reinl

Naturliebhaber und Vogelbeobachter schätzen diesen Rückzugsort für seltene Tiere nicht nur wegen seiner Ruhe, die nur durch die vorbeirauschenden Züge gestört wird, sondern vor allem wegen seiner Artenvielfalt, sind doch dort bei entsprechender Geduld neben Enten und Gänsen nicht selten sogar Fisch- oder Seeadler zu sehen, wie ein entsprechendes Notizbuch auf der vom Bund Naturschutz errichteten Aussichtskanzel dokumentiert.

Probleme mit dem Wasserstand hat es dort schon öfter gegeben. Die Benediktiner aus dem Kloster Michelfeld, die die Himmelsweiher zur Fischzucht nutzten, zogen deswegen dereinst sogar einen Bewässerungsgraben von der unmittelbar vorbeifließenden Pegnitz herüber. Als später die Stadt Nürnberg das Areal übernahm, stand vor allem in den 50er und 70er Jahren die ausreichende Bespannung der Wasserflächen in der öffentlichen Diskussion.

So auch, als das Auerbacher Bergwerk in seiner Endphase den Kammerweihern buchstäblich das Wasser abgrub. Damals wurde für viel Geld sogar eine Pumpstation errichtet, die allerdings aus wasserrechtlichen Gründen nie in Betrieb gehen durfte. Der aufmerksame Wanderer kann sie noch heute bewundern, eingewachsen zwischen meterhohen Brennnesseln.

Warum setzt man sie heute angesichts der neuerlichen Probleme nicht in Gang, könnte man fragen. Doch die Antwort gibt ein Blick in das Pegnitzbett, in dem der Wasserspiegel, ebenso wie in den Weihern, um rund 40 Zentimeter gesunken ist, so dass das Wurzelwerk der Bäume und der Uferbepflanzung schon trocken liegt. Ein Blick auf die Statistik des Landesamts für Umwelt beweist es, haben sich doch die Abflusswerte am Pegel Michelfeld gegenüber dem Vorjahr auf aktuell 0,13 Kubikmeter/Sekunden in etwa halbiert.

Die Kammerweiher, die seit 1998 unter Naturschutz stehen und seit dem Jahr 2000 zusätzlich als Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet (FFH) ausgewiesen sind, liegen in einem hochsensiblem Bereich der Veldensteiner Mulde, aus dem unter anderem die Stadt Nürnberg einen beträchtlichen Anteil ihrer Trinkwasserversorgung bezieht. In einer 45 Kilometer langen Fernleitung fließen seit über 100 Jahren rund 40 Prozent des benötigten Bedarfs in freiem Fall und ohne jegliche Pumpleistung in die Noris.

Die rund 40 Jahre alte Pumpstation, die nie in Betrieb gehen durfte, steht — dicht eingewachsen — immer noch am Rand der Kammerweiher.

Die noch durch die Grube Leonie in Auerbach bedingte Wassernot am insgesamt 21 Hektar großen Oberen und Unteren Kammerweiher war vor rund 40 Jahren ausschlaggebend, dass der Bund Naturschutz den wertvollen Lebensraumkomplex gepachtet hat und ihn bis heute betreut, ausschließlich unter den Gesichtspunkten des Arten- und des Naturschutzes. Die BN-Verantwortlichen erinnern sich: "Die Betreuung begann mit einer Katastrophe: Beide Weiher fielen trocken; Fische, Wasserinsekten und Muscheln verendeten. Grund für den Wasserverlust war der Bergbau. In der Erzgrube Leonie fünf Kilometer weiter wurde das ständig eindringende Grubenwasser abgepumpt. Dadurch sank der Grundwasserspiegel in der gesamten Region; durch den klüftigen Karst verschwand auch das Wasser der Kammerweiher."

Weil damals das plötzliche Ende des Eisenerzabbaus in Auerbach noch nicht absehbar war, sahen die Naturschützer einen Ausweg aus der Wassernot nur über den Bau einer Pumpstation, die Wasser aus der Pegnitz in die Weiher umleiten sollte. Doch als die Anlage fertiggestellt war, untersagte das Wasserwirtschaftsamt die Inbetriebnahme.

16 gefährdete Vogelarten
Hilfe kam schließlich unerwartet von wirtschaftlicher Seite: Als der Erzabbau 1987 eingestellt wurde, füllten sich die Weiher wieder; die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen konnten beginnen. Das massiv gestörte ökologische Gleichgewicht stellte sich wieder ein.

Heute sind dort über 60 Vogelarten zu bewundern, darunter 16 gefährdete Arten der Roten Liste. Selbst Fisch- und Seeadler kommen mitunter auf Nahrungssuche vorbei. Zu den Enten, Haubentauchern, Blässhühnern oder Eisvögeln gesellen sich aber regelmäßig auch Zugvögel, die die großen Wasserflächen auf ihrer langen Reise als willkommene Rast- und Nahrungsplätze schätzen. Sieben verschiedene Amphibienarten, Ringelnattern und 25 Libellenvarianten runden das Angebot ab.

Seltene Tiere
Wer in diesen Tagen allerdings den Beobachtungsturm besteigt, der sieht nicht nur seltenes Getier, sondern auch einen um rund 40 Zentimeter gesunkenen Wasserspiegel. Während der Obere Kammerweiher noch nahezu durchgehend bespannt ist, von einigen aperen Stellen abgesehen, ist die Wasserfläche am Unteren Weiher durch die lang anhaltende Dürre und den fehlenden Niederschlag inzwischen in etwa halbiert.

Große Schlickbereiche sind unübersehbar und selbst die sind an einigen Stellen schon so trocken, dass sich Risse bilden. Umso üppiger sprießt in den Uferbereichen die Vegetation, wobei sich neben Hopfen vor allem die Brennnessel mannshoch hier breit macht.

Naturfreunde, die in großer Zahl zu Fuß oder mit dem Fahrrad die Runde machen, sehen das alles mit einer gewissen Besorgnis. Helfen kann diesmal aber wohl nur einer: Petrus muss es wieder einmal regnen lassen und zwar ausgiebig.

– RICHARD REINL – 

Quelle: nordbayern.de (http://www.nordbayern.de/region/pegnitz/sogar-der-schlick-der-kammerweiher-bei-michelfeld-trocknet-1.7976611)