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Vogelschutzbedingte Sperrungen

07.02.2020

von Sven König

Seit dem Jahresbeginn sind im Nördlichen Frankenjura zahlreiche Felsen für den Klettersport gesperrt, um Felsbrütern wie Uhu und Wanderfalke, aber auch Dohle und Kolkrabe optimale Bedingungen zur Aufzucht des Nachwuchses zu gewähren. Aus diesem Anlass stellt Frankenjura.com das gut funktionierende System „Vogelschutz“ vor, berichtet aber auch über zwei Ausreißer im vergangenen Jahr.

Da Uhus schon sehr früh im Jahr mit ihrem Brutgeschäft beginnen und auf Störungen sehr sensibel reagieren, sind seit dem Neujahrstag bereits einige Uhu-Felsen gesperrt. Seit dem 01. Februar sind nun auch Sperrungen an Felsen in Kraft, die für paarungswillige Wanderfalken interessant sind.

Ein Wanderfalke im Frankenjura (Bild: Edmund Abel)

Ein Wanderfalke im Frankenjura (Bild: Edmund Abel)

Die vogelschutzbedingte Sperrungsliste ist dynamisch und orientiert sich am tatsächlichen Bedarf der Natur, nicht an starren Verordnungen. Sobald sich während der Brutsaison herausstellt, dass ein Brutplatz in einem Jahr nicht besetzt wird oder eine Brut abgebrochen wird, machen die Experten des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) den Fels vorzeitig für den Klettersport zugänglich. Und umgekehrt: Wird ein Fels bebrütet, den der LBV nicht auf dem Zettel hatte, melden Kletterer diesen - häufig über unser Felsinformationssystem „RockEvents“ - an die Vogelschutzexperten. Diese sperren den Brutplatz dann soweit und solange ab, wie es für die dort brütende Vogelart nötig ist.

Durch dieses Zusammenspiel haben Kletterer große Freiheiten und Felsbrüter so gute Bedingungen, dass die Dichte an belegten Brutplätzen mittlerweile an ihrer Obergrenze angelangt ist. Brutausfälle begründen sich heutzutage nur selten auf den Störfaktor Kletterer und mehr auf fehlendes Nahrungsangebot, späte Wintereinbrüche, Rivalitäten unter den geschützten Vogelarten, aber auch auf schlecht abgesicherte Stromleitungen, an denen Altvögel infolge erlittener Stromschläge ihr Leben lassen.

Das System der Sperrungen beruht in hohem Maße auf Respekt und Entgegenkommen. Es findet schon seit fast 20 Jahren Anwendung und hat sich in dieser Zeit gut eingespielt. Ausnahmen kommen aber auf beiden Seiten vor, was bei der Gebietsgröße und den vielen beteiligten Akteuren auch realistisch ist. Im vergangenen Jahr ereignete sich eine rücksichtslose Sperrungsübertretung und ebenso ein Fall, in der Behörden nicht ganz das Augenmaß bewahrten.

Im April des vergangenen Jahres trifft eine Seilschaft am wegen Vogelbrut gesperrten Rotenstein bei Burggrub auf einen Kletterer, der sein Auto mit ausländischem Kennzeichen am gesperrten Forstweg unterhalb des zu dieser Zeit gesperrten Felsens abstellt und im Alleingang (gesichert mit einer Steigklemme) in der Talseite des Turmes klettert. Er lässt sich durch die mahnenden Worte der einheimischen Kletterer nicht beirren und erklimmt mehrmals den Gipfel des Turms und in der Nähe des Brutplatzes. Später stellt sich heraus, dass eine von Wanderfalken begonnene Brut aufgegeben wurde. Ein Zusammenhang beider Ereignisse ist sehr wahrscheinlich, aber nicht bewiesen. Eine sofort abgesetzte Anzeige mit Polizeieinsatz läuft ins Leere, weil die zuständige Behörde infolge länderübergreifender EU-Bürokratie den Aufwand hoch, aber die Chancen einer Bestrafung gering einstuft und das Verfahren deshalb einstellt.

Ebenso im April 2019 geschah Bemerkenswertes im Hinblick auf den Sperrungsumfang einer Waldkauzbrut: Im nördlichsten Teil des Frankenjuras melden Kletterer eine Uhubrut, die sich Tage darauf als Waldkauzbrut herausstellt. Da ein Waldkauz in der Brutzeit deutlich weniger Platzansprüche hat als Uhus, müsste die prophylaktische Vollsperrung der Wand nun eigentlich in eine auf wenige Routen begrenzte umgewandelt und der Sperrungszeitraum auf wenige Wochen reduziert werden. Doch das geschieht nur zum Teil. Die zuständige Behörde verkürzt den Zeitraum zwar, lässt die Wand aber entgegen den Expertenrat und jahrelangen Usus komplett gesperrt, was zunächst zu Enttäuschungen unter Kletterern gegenüber Behörden führt. In der Folge werden von einigen Kletterern freiwillige Brutmeldungen werden aus Angst vor Willkür in Frage gestellt. In einem Evaluierungsprozess räumt die Behörde aber später den Fehler ein, so dass wohl in Zukunft auch hier praxisorientierter entschieden wird.

So dramatisch die Fälle klingen mögen, handelt es sich dabei um Ausnahmen. Bei der Vielzahl der erfolgreichen Vogelbruten – im vergangenen Jahr kamen an Frankenjura-Felsen 26 Wanderfalken und 57 Uhus zur Welt - stellen sie die Erfolge des Systems nicht in Frage. Dass der LBV die Zusammenarbeit mit den Kletterern wertschätzt, zeigt die Tatsache, dass beim Besuch des bayerischen Umweltministers Thorsten Glauber im vergangenen November anlässlich des 40. Geburtstags der europäischen Vogelschutzrichtlinie auch Vertreter des Klettersports geladen waren, um die gemeinsamen Bemühungen in Sachen Vogelschutz als Team vorzustellen. Dennoch zeigen die Beispiele, dass Vogelschutz auf diesem Niveau kein Selbstläufer ist und einiges an Aufwand nötig ist, um das System stabil zu halten.

Die aktuelle Sperrungsliste ist bei Frankenjura.com schon seit Jahresanfang online, zusätzlich sind die Sperrungen auf der jeweiligen Felsbeschreibungsseite und in der KletterApp eingearbeitet. Felsen, die im Vorjahr bebrütet wurden, werden im Folgejahr fast immer prophylaktisch gesperrt. Eine Ausnahme machen in diesem Jahr die Rote Wand im Kleinziegenfelder Tal und der Würgauer Klettergarten, da an diesen Brutplätzen aufgrund ungünstiger räumlicher Umstände ein Bruterfolg nahezu ausgeschlossen ist. Ebenfalls nicht gesperrt ist in diesem Jahr die Egloffsteiner Gemsenwand, an der nun schon einige Jahre keine Wanderfalkenbrut mehr beobachtet wurde.

Von Sperrungen betroffen sind dagegen auch die im Winter besonders attraktiven Sonnenfelsen ´Annasteinseite´ des Frankendorfer Klettergartens, der ´Geckofels´ und der linke Teil der ´Aalkorber Wände´ bei Nankendorf, die ´Rabenecker Wand´ im Wiesenttal, die ´Toni Rockstroh Gedenkwand´ im Püttlachtal, Teile des Röthelfelsens am Rande des Trubachtals, der Rabenfels im Nestelgrund, Teile der Mittelbergwand im Hirschbachtal sowie der rechte Teil des ´Hohlen Felsens´ über dem Happurger Stausee im Pegnitztal.

Bitte beachtet diese und alle weiteren auf der Sperrungsliste stehenden Felsen und meldet uns, falls Euch Bruten an nicht gesperrten Felsen auffallen! Da sich die Liste der gesperrten Felsen noch erweitern kann, empfiehlt es sich, von Zeit zu Zeit in die "Sperrungsliste" zu schauen. Dort erfahrt Ihr ebenfalls, falls eine Sperrung vorzeitig aufgehoben wird. Sperrungen werden am Fels durch eindeutige Schilder und oft auch durch Trassierbänder am Wandfuß gekennzeichnet. Eine Nichtbeachtung kann zu hohen Geldstrafen für den Einzelnen und auch zu Kletterverboten führen, die dann alle Kletterer betreffen. Bitte zögert deshalb nicht, andere Kletterer darauf anzusprechen, die Sperrungen übersehen haben oder auch bewusst ignorieren.

Ein Link zur Sperrungsliste bei Frankenjura.com befindet sich am Seitenende!