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Orchideen im Naturpark

Der Naturpark beherbergt mit 43 Orchideen-Arten mehr als die Hälfte des deutschen Arteninventars.

Zahlreiche Naturfreunde wandern jährlich durch die reizvolle Landschaft des Naturparks Fränkische Schweiz - Frankenjura und sind immer wieder aufs Neue fasziniert und begeistert von der reichhaltigen Tier- und Pflanzenwelt. Naturverbundene Menschen sehen die Landchaft mit all ihren Gliedern als Ganzes, als natürlichen Reichtum, der ihnen sowohl Erholung als auch Entspannung bietet. Unter der Vielzahl von Pflanzen, die den Besuchern dort begegnen, erwecken die Orchideen – die blühenden Kleinode – wohl die meiste Aufmerksamkeit.

Von kaum einer Pflanzengruppe können Menschen so fasziniert werden wie von Orchideen. Das gilt nicht nur für die Blütenpracht ferner tropischer Urwälder, von der es ein winziger Ausschnitt über Blumengeschäfte und Baumärkte bis in unsere Wohnzimmer geschafft hat, sondern auch für die teils prächtigen, teils unscheinbaren Orchideen unserer Heimat. Viele Mitbürger sind sehr erstaunt zu erfahren, dass auch bei uns, manchmal sogar unweit ihrer eigenen Haustür, Orchideen wachsen und gedeihen.

Auf den ersten Blick ist es erstaunlich, dass der Naturpark Fränkische Schweiz - Frankenjura mit 43 Orchideen-Arten mehr als die Hälfte des gesamtdeutschen Arteninventars beherbergt und damit zu den orchideenreichsten Gebieten Deutschlands gehört. Mit gutem Recht kann man ihn als eine „Orchideenhochburg“ bezeichnen. Auf den zweiten Blick erst erschließen sich dann die Ursachen für den Reichtum an Orchideen und anderen seltenen Pflanzen mit ihren höchst unterschiedlichen, sehr speziellen Standortansprüchen. Dazu gehören: orchideenfreundlicher Kalkboden, der für die jeweiligen Pflanzenarten spezifische pH-Wert, ausreichende Niederschläge (im Gegensatz zur Südlichen Frankenalb), hohe Temperaturen im Sommer und nicht zu niedrige im Winter sowie ein sehr abwechslungsreiches Relief mit vielen unterschiedlichen ökologischen Nischen und – nicht zuletzt – das Fehlen großflächiger Intensiv-Landwirtschaft. Auf die Jurahänge treffen bei tiefstehender Sonne im Winterhalbjahr die Strahlen nahezu senkrecht auf und sorgen so für eine überdurchschnittliche Erwärmung der Luftschichten unmittelbar über dem Erdboden. Hinzu kommt die Reflexion des Lichtes und der Wärme durch die hellen Felswände, die bewirkt, dass das Mikroklima an den Südhängen ausgesprochen warm und trocken ist. Unter diesen Umständen konnten wärmeliebende Orchideen wie die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) und die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinium) in die Region einwandern und gedeihen.

Orchideen findet man in vielen Lebensräumen: Auf nährstoffarmen, feuchten Wiesen, in lichten Laubmischwäldern, auf Trocken- und Halbtrockenrasen oder Streuobstwiesen bis hin zu solchen Standorten wie Steinbrüchen, Nadelholzforsten und Wegrändern. Letztere wurden überhaupt erst durch die Tätigkeit des Menschen geschaffen und nicht nur verändert, wie es sonst meist der Fall ist. Aus der Sicht der Botanik zählen solche Flächen zu den wertvollsten, die einer wahren Fülle von Blütenpflanzen Platz bieten.

Das gegenwärtige ökologische Spektrum der Orchideen im Naturpark Fränkische Schweiz - Frankenjura ist nur ein „Zwischenstand“ in der Abfolge langer Prozesse abiotischer und biotischer Natur. Die abiotischen Faktoren wie Landschaftsmorphologie, Geologie und Bodenreaktion, Klima, Luft, Licht und Wasser sind langfristigen Schwankungen unterworfen, von denen wiederum die biotischen Faktoren wie Bodenreaktion, Wasser- und Lichthaushalt sowie Vegetation abhängen. Zusätzlich spielt natürlich auch die Pflanze selbst dank ihrer Entwicklungsfähigkeit in ihren ökologischen Eigenschaften eine Rolle, die wesentlich zu ihrer eigenen Verbreitungs- und Häufigkeitssituation beiträgt. Solange der Mensch nicht in die Verknüpfung der Faktoren eingriff, gingen die Veränderungen in der heimischen Flora schleppend voran. Im Laufe der mitteleuropäischen Kulturgeschichte hat der Mensch jedoch durch Rodung, Landwirtschaft und Siedlung zunächst die biotischen, später aber auch die abiotischen Faktoren verändert. Nie jedoch waren diese Eingriffe so gravierend wie in den letzten hundert Jahren – man denke nur an schwerwiegende Landschaftszerstörungen und erst recht an die immer offensichtlicher werdenden Klimaveränderungen.

Selbstverständlich müssen wir unseren Beitrag zum Schutz dieser unvergleichlich schönen und seltenen Blumen leisten, damit auch unsere Enkel noch in freier Natur die Vertreter einer Pflanzenfamilie bewundern können, die innerhalb des Pflanzenreiches die gleiche Stellung einnimmt, wie wir Menschen in der Tierwelt: Den Gipfel der Evolution.

Bilder & Text: Adolf Riechelmann