Naturpark Logo Icon

Navigation

Das Breitblättrige Knabenkraut

Die Orchidee des Jahres 2020

Die Vorstände der Arbeitskreise Heimische Orchideen der Bundesrepublik Deutschland haben bei ihren jährlichen Treffen in Ahrnstadt/Thüringen das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) zur Orchidee des Jahres 2020 gewählt, um auf die besondere Gefährdung des Lebensraumes dieser Spezies hinzuweisen.

Der lateinische Artname majalis bedeutet in der Übersetzung im Mai wachsend und trifft daher gut die frühe Blütezeit dieser Art. Für das Volk waren die seltsam anmutenden Formen der Knollen von mehr als nur rein botanischer Bedeutung. Es schrieb ihnen unter abergläubischen Einflüssen okkulte Kräfte zu und gab den unterschiedlichen Wurzeln entsprechende Namen. Während der volkstümliche Name Heiratswurzel auf die frühere Verwendung unterirdischer Teile der Pflanze als Aphrodisiakum hinweist, machen die alten Bezeichnungen der helleren, diesjährigen Knolle – wie Christusfinger, Marienhand, Gotteshand, Glückshand oder Johannishand – die Verwendung als Glückssymbol deutlich. Die ausgezehrte und schwärzliche Altknolle hingegen galt als Sinnbild des Bösen und wurde als Teufelshand, Satansfinger oder Satansnahrung bezeichnet.

Ihren Verbreitungsschwerpunkt hat diese typische Feuchtgebietspflanze im Landkreis Forchheim in den Wiesen und Hangquellmooren im Bereich zwischen Dobenreuth und Mittelehrenbach. Die in allen Bundesländern vorkommende Orchideenart wird in der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen (2018) bundesweit als gefährdet geführt. In der Vergangenheit hat sie durch Düngung und Trockenlegung, fehlende Mahd und nicht auf die Ansprüche der Art abgestimmte Beweidung viele Wuchsorte verloren. Individuenreiche Bestände der ehemals häufigsten Sumpforchidee sind erheblich seltener geworden. Viele Vorkommen konnten nur durch die Pflegemaßnahmen des amtlichen und ehrenamtlichen Naturschutzes einschließlich des Vertragsnaturschutzes, erhalten werden.

In den letzten Jahren zeigte sich aber eine neue Gefähr­dung. Fehlende Niederschläge im zeitigen Früh­jahr führten zu einer deutlichen Austrocknung der Wuchsorte. Setzen sich die bislang beobachteten Rückgänge fort, wird dieser Feuchte- und Nässezeiger auf den ver­mehrt im Frühjahr trockenfallenden Flächen nicht überleben. Hier kann diese Orchideenart auch ein Bioindikator für den Klimawandel werden. Da das Breitblättrige Knabenkraut zu den Arten gehört, für die Deutschland eine besondere Verantwortlichkeit besitzt, hätten weitere Bestandsrückgänge einen gravierenden negativen Einfluss auf den Weltbe­stand dieser Orchideenart.

In diesem Zusammenhang stellt sich aber die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, jede nasse Wiese – und das oft mit erheblichem Aufwand – trockenzulegen, wie das heute vielfach noch geschieht. Es lassen sich aus der Fränkischen Schweiz Beispiele dafür anführen, dass derartige Maßnahmen oft genug nur das Gegenteil von dem erreichten, was ursprünglich damit beabsichtigt war. Viel sinnvoller wäre es doch, die noch verbliebenen Reste an Feuchtwiesen, die in unserer Landschaft eine Vielzahl von ökologischen Funktionen erfüllen, zu schonen und stattdessen eine Ertragssteigerung des Grünlandes dadurch anzustreben, dass die Unkrautbekämpfung auf den bestehenden bodenfrischen Weideflächen durch Nachmähen und überlegten sowie sparsamen Düngereinsatz verstärkt würde.

von Adolf Riechelmann